
Wenn du dich spirituell weiterentwickeln willst, so stößt du unweigerlich auf eine psychische Funktion: das Ego. Dies möchte ich einmal zum Thema machen, aber nicht, wie du jetzt vielleicht denkst. Üblicherweise wird das Ego in einem recht schlechten Licht dargestellt. Ich finde, das wird ihm überhaupt nicht gerecht, und darum möchte ich es heute in einem positiven, wohlwollenden Licht betrachten.
Was ist das Ego eigentlich?
Unser Ego ist das innere „Ich“. Im Sanskrit, der indischen Ur-Sprache, heißt es „Ahamkara“. Das bedeutet übersetzt: „Ich will leben“. Es ist unser Lebenswille, es sind jene Funktionen, die unseren Körper aufrecht erhalten. Dazu zählen Essen, Trinken, sich warmhalten, für seine Gesundheit sorgen etc.
Ohne das Ego würden wir unseren Körper nicht versorgen, und das wäre fatal. Unser individuelles Bewusstsein hat sich einen körperlichen Ort gesucht, um auf dieser Welt handeln zu können. Als Monika, als Corinna, als Albert, als Thomas oder wie auch immer du gerufen wirst.
Dieses Ego kann im positiven wie im negativen Sinne wirken. Sicherlich bist du dir dessen bewusst.
Habgier, Ärger, Zorn, Eifersucht, andere beherrschen wollen oder Komplexe haben usw. sind die negative Seite des Ego.
Großmut, Großzügigkeit, dienen, unterstützen, den Schwachen helfen oder Mitgefühl haben usw. sind dagegen die positive Seite.
Im Kern ist dein Ego immer gut
Selbst wenn du sehr mit negativen Charaktereigenschaften behaftet bist, so sehe ich es folgendermaßen: Alles hat einen Grund!
Beispielsweise hortest du dein Geld und bist immer sehr kleinlich, wenn du einmal um Hilfe gebeten wirst. Wenn du hier oberflächlich urteilst, ist es natürlich negativ. Doch schaue einmal tiefer!
Warum hortest du wie in meinem Beispiel hier? Weil du Angst hast, dass du nicht genug hast. Woher kommt die Angst? Aus einer negativen Erfahrung, dass du tatsächlich einmal nicht genug hattest und damals gelitten hast. Nun fährst du die Vermeidungsstrategie. Damit du ja nie wieder in den Mangel kommst, hortest du lieber, damit du ganz sicher genug besitzt.
Wenn du dein Ego nun genauer betrachtest, so ist seine oberflächliche Eigenschaft zwar ‚horten‘, seine tieferliegende Eigenschaft jedoch das Vermeiden. Wenn du dich jetzt daran erinnerst, dass Ego = Ahamkara = ich will leben bedeutet, so ist es ganz klar, dass dein Ego einfach nicht leer laufen möchte. ‚Ich will leben‘ heißt für das Ego: ‚Ich will genug haben‘.
Was hier fehlt ist das Vertrauen! Das Vertrauen, dass schon immer genug da sein wird, damit es dir gut geht. Weil dein Ego aber derzeit hortet und du weißt, dass ursächlich das Vertrauen fehlt, so kannst du einfach Mitgefühl mit dir haben! Schon bist du wieder dabei, dein Ego in einem positiven Licht zu betrachten. Und mit Mitgefühl wird das Vertrauen Stück für Stück wachsen.
Ich möchte dir noch ein Beispiel geben:
Angenommen, du bist neidisch, weil deine Nachbarin mehr Geld verdient als du. Bei ihr scheint alles immer so leicht zu gehen. Sie kann sich Dinge leisten, die für dich nicht drin sind. Du wünschst dir, dass es dir auch so gut geht, und bist deshalb einfach neidisch auf sie.
Neid ist übrigens weit verbreitet. Die ganze Werbeindustrie lebt davon, dass wir neidisch sind und uns immer mehr kaufen, vielleicht sogar noch auf Kredit…
Zurück zum Ego. Wenn du es jetzt näher betrachtest, siehst du, dass du im Außen orientiert bist. Du erkennst, dass mehr Urlaube, schönere Kleidung oder eine bessere Einrichtung dich nicht glücklicher und zufriedener machen. Was ist der Grund für dein nach-außen-orientiert-sein? In diesem Beispiel hier mangelnde Zufriedenheit. Anstatt mit dem zufrieden zu sein, was du hast, denkst du, dass du erst zufrieden sein kannst, wenn du mehr Dinge besitzt. Erahnst du schon, was für eine negative Spirale das wird?
Wenn du also Neid spürst, fühle in dir selbst, wie du im Mangelgefühl bist. Sieh, wie der Bereich der Zufriedenheit noch wachsen könnte. Mit dieser Erkenntnis kannst du deinem Ego auch wieder positiv gegenüber stehen! Hab Mitgefühl mit ihm, dass ihm noch Zufriedenheit fehlt, und nähre es damit!
Ob du positiv urteilen kannst, ist eine Frage der Betrachtungsebene
Wir urteilen immer dann, wenn wir das Ego negativ betrachten, also von der äußersten Ebene aus. Doch für deine Psyche, deinen Geist und dein Herz ist es viel besser und gesünder, wenn du dich positiv erlebst.
Du kannst dich immer dann in einem positiven Licht sehen, wenn du deine ursprünglichen Gefühle, Sorgen, Bedenken und Nöte betrachtest, also die innerste Ebene mit einbeziehst.
Wie redest du über dein Ego?
Ich möchte einmal ein Experiment mit dir machen:
Sprich einmal den Satz: „Lisa hat ein großes Ego! (Unterbrich das Lesen kurz und sprich es laut aus).
Wie klingt das von der Betonung her?
Klingt es wie: „Lisa ist mir eine liebe Freundin“,
oder eher wie „Lisa ist unfähig“?
Ich tippe, eher wie letzteres. Unsere Stimme geht am Satzende runter und beinhaltet eine Spur von Vorwurf.
Der Ton macht die Musik
Es ist immer der Klang unserer Worte, der sie zu etwas Wohlwollendem oder zu etwas Vorwurfsvollem macht.
In unserer Kultur wird das Ego oft als etwas Negatives betrachtet. Alleine der Klang „Ego“ ist dumpf mit einer Stimme, die am Ende nach unten sinkt. Innerlich habe ich es für mich umgewandelt und sage oft das Sanskritwort „Ahamkara“ dafür. In meinen Ohren klingt das ganz neutral. Es bedeutet für mich: „Ich habe einen Lebenswillen, ich will mein Leben aufrecht erhalten und für mich sorgen.“ Das auf rechte Weise zu tun, dafür kannst du dein Unterscheidungsvermögen schulen und tiefer blicken, bis du auf die Ebene des Mitgefühls kommst.
Kultiviere Mitgefühl, weil du verletzt wurdest, negative Erfahrungen gemacht hast oder Mangel gelitten hast. Mitgefühl heilt! Vorwürfe dagegen verstärken das negative Empfinden.
Schaue also tiefer: was ist die Ursache für dein Verhalten und dein Fühlen? Schaue so tief, bis du auf eine positive Ebene kommst. Das ist Heilung, das ist Ganzwerdung! Damit bringst du Licht in deine Seele und dein Herz.
Sei von Herzen gegrüßt,
deine Susanne
P. S. Wie siehst du das? Hast du dich damit schon einmal beschäftigt oder ist es ganz neu für dich? Kannst du meine Theorie anwenden? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar, ich freue mich darüber.
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